29.03.2020 – Gedanken zum Wochenpsalm

Psalm 43
1 Schaffe mir Recht, Gott, und führe meine Sache wider das treulose Volk und errette mich von den falschen und bösen Leuten!
2 Denn du bist der Gott meiner Stärke: Warum hast du mich verstoßen? Warum muss ich so traurig gehen, wenn mein Feind mich drängt?
3 Sende dein Licht und deine Wahrheit, dass sie mich leiten und bringen zu deinem heiligen Berg und zu deiner Wohnung,
4 dass ich hineingehe zum Altar Gottes, zu dem Gott, der meine Freude und Wonne ist, und dir, Gott, auf der Harfe danke, mein Gott.
5 Was betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir? Harre auf Gott; denn ich werde ihm noch danken, dass er meines Angesichts Hilfe und mein Gott ist.

Die Bibel nach Martin Luthers Übersetzung, revidiert 2017, B) 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart. Die Verwendung des Textes erfolgt mit Genehmigung der Deutschen Bibelgesellschaft. www.die-bibel.de

Dieser Sonntag heißt Judika. Auf deutsch „schaffe Recht“. Der Anfang des 43. Psalms lautet ja: „Gott, schaffe mir Recht.“

Wie viele andere Psalmen klagt auch dieser über böse Menschen, die es schlecht mit einem meinen; gegen sie soll Gott dem Beter zum Recht verhelfen.
In diesen Zeiten haben wir weniger Kontakt zu anderen Menschen als sonst.

Über böse Leute zu klagen hat gerade weniger Anlass. Trotzdem kann sich die Frage melden: Warum hast du mich verstoßen? Wer zurzeit in Quarantäne lebt, kann sich verstoßen vorkommen. Oder wer als Alleinstehender von gewohnten Kontakten abgeschnitten ist. Oder wer seine Arbeit verloren hat oder davon bedroht ist, sie zu verlieren.
Die Zeit der Gefährdung ist noch nicht herum.

Psalmen, in denen geklagt wird, passen hierhin. Denn auch Psalm 43 macht deutlich: die Gefahr ist noch da.

Ich sehe einige Punkte, die helfen können.

  1. „Sende dein Licht und deine Wahrheit, dass sie mich leiten.“
    Ich bitte Gott um Klarheit, um Licht, das Dunkle zu durchschauen. Denn falsche Nachrichten verbreiten sich, oder ich rede mir Bedrohungen ein, die gar nicht bestehen. Da hilft mir die Bitte um Gottes Licht, mein Erkennen zu beleuchten und meine Lage nüchtern einzuschätzen. (Es geht mir gut, Strom, Wasser sind da, ich habe zu essen und kann auch einkaufen, wenn etwas fehlt.)
  2. „Was betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir?“
    Trübe Gedanke, innere Unruhe sind zuweilen einfach da. Ich möchte sie gerne zudecken, weil ich sie nicht mag.
    Der Psalm empfiehlt einen anderen Weg: Ich kann meine Betrübnis und Unruhe vor Gott ausbreiten. Meine Seele darf vor Gott sein, wie sie ist. Ungeschönt. Ich kann Ihm eh nichts vormachen.
  3. „Harre auf Gott.“
    Ich weiß zwar, dass Gott immer da ist, das gehört zu meinem Glauben. Aber wenn die Seele nicht mitkann, wenn mein Inneres Gott nicht wahrnimmt? Harre auf ihn.
    Harren ist zweierlei: die Geduld, zu warten, bis Er sich zeigt; und der Blick ringsum, dass ich Ihn entdecke. Harren ist mit Mühen verbunden, weil ich ja weiß, dass etwas Wichtiges fehlt. Es ist allemal besser als Aufgeben und Resignieren. Ich halte es daher für sehr wichtig.
  4. „Ich werde ihm noch danken, dass er meines Angesichts Hilfe und mein Gott ist.“
    Weil ich es ja glaube und weil ich hoffe, dass es anders ist, als ich wahrnehme – darum WERDE ich ihm danken. Dafür ist es jetzt noch zu früh. Noch spüre ich keinen Trost, noch ist die Gefahr nicht herum, aber ich ahne und hoffe, es wird wieder anders sein. Dann ist es Zeit zu danken, zu loben, zu jubeln.
    Und dann wird Gott ganz nah sein: mir gegenüber wie ein vertrauter Mensch, „mein“ Gott, der sich nicht von mir trennt. Und vielleicht auch verbunden mit der Erfahrung: Er war nie weit weg, ich habe ihn damals nur nicht entdecken können. Gott, zeige dich in unserem Leben, gerade jetzt. Amen. (Pfr.i.R. Jörg Wilkesmann)