„Und nach acht Tagen waren seine Jünger abermals drinnen, und Thomas war bei ihnen. Kommt Jesus, als die Türen verschlossen waren, und tritt mitten unter sie und spricht: Friede sei mit euch! Danach spricht er zu Thomas: Reiche deinen Finger her und sieh meine Hände, und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! Thomas antwortete und sprach zu ihm: Mein Herr und mein Gott!“ (Johannes 20,26-28)
Jesus kommt, trotz verschlossener Türen. An der Wunderbarkeit seiner Gegenwart konnte darum kein Zweifel sein. Er spricht den Friedensgruß, der allen, aber diesmal wohl besonders dem friedlosen Herzen des Thomas gilt. Jesus kommt um seines zweifelnden Jüngers willen. Er kennt ihn durch und durch. Das geht aus seinem ersten Wort an Thomas hervor. Jesus stillt das zweifelnde Verlangen des Jüngers, indem er ihm gewährt, was er der Maria versagte (Johannes 20,17: Spricht Jesus zu ihr: Rühre mich nicht an!). Es ist eben ein Unterschied, ob wir uns etwas nehmen wollen oder ob der Herr uns etwas gibt. Maria wird zurückgewiesen, Thomas darf hören, sehen und betasten. Unbegreifliche Herablassung des Herrn zu seinem zweifelnden Jünger, sich von ihm auf die Probe stellen zu lassen. „Werde nicht ungläubig, sondern gläubig.“ Christus wirbt um seine Jünger, noch ist die letzte Entscheidung nicht gefallen, wenn auch in bedrohlicher Nähe. Aber indem Jesus den Jünger als noch nicht gegen ihn Entschiedenen anspricht, gibt er ihm Freiheit zur Umkehr. Ob Thomas seine Hand auszustrecken gewagt hat, bleibt unausgesprochen. Es ist nicht wichtig. Wichtig ist, dass in Thomas der Osterglaube durchbricht: „Mein Herr und mein Gott.“ Das ist das ganze Osterbekenntnis. So hatte vor diesem Zweifler noch keiner gesprochen.
(Zitiert nach: Dietrich Bonhoeffer, Illegale Theologenausbildung: Sammelvikariate 1937-1940, DBW Band 15, Seite 558)