17.04.2020 – Osterfreude auf Distanz

Heuer, ich gestehe es, will keine rechte Osterfreude aufkommen. Die Auferstehung Jesu erfreut mich schon, aber was Jesus mit den verzagten, mutlosen Jüngern macht, wird für mich keine lebendige Erfahrung. Gottesdienste sind untersagt, wir müssen uns auf Distanz halten.

Die Ostergeschichten in der Bibel erzählen ja, wie aus mutlosen Einzelnen durch den Auferstandenen eine ermutigte Gemeinschaft wird. es gibt jedoch eine Ostergeschichte, in der Distanz ausdrücklich erbeten wird.

Johannes 20, 11-17: „Maria aber stand draußen vor dem Grab und weinte. Als sie nun weinte, schaute sie in das Grab und sieht zwei Engel in weißen Gewändern sitzen, einen zu Häupten und den anderen zu den Füßen, wo sie den Leichnam Jesu hingelegt hatten. Und die sprachen zu ihr: Frau, was weinst du? Sie spricht zu ihnen: Sie haben meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben. Und als sie das sagte, wandte sie sich um und sieht Jesus stehen und weiß nicht, dass es Jesus ist. Spricht Jesus zu ihr: Frau, was weinst du? Wen suchst du? Sie meint, es sei der Gärtner, und spricht zu ihm: Herr, hast du ihn weggetragen, so sage mir, wo du ihn hingelegt hast; dann will ich ihn holen. Spricht Jesus zu ihr: Maria! Da wandte sie sich um und spricht zu ihm auf Hebräisch: Rabbuni!, das heißt: Meister! Spricht Jesus zu ihr: Rühre mich nicht an! Denn ich bin noch nicht aufgefahren zum Vater. Geh aber hin zu meinen Brüdern und sage ihnen: Ich fahre auf zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott.“

Es ist sehr eigentümlich: Maria wird nicht ergriffen, nicht vom leeren Grab, nicht von der Begegnung mit zwei Engeln, selbst den Auferstandenen erkennt sie nicht und hält ihn für den Gärtner. Das liegt nicht nur am Tränenschleier, der ihre Augen bedeckt. Sondern es ist tiefer ein Schleier, der sich über ihre Seele gelegt hat. Schmerz und Trauer um den toten Jesus wollen nicht weichen.

Erst als der Auferstandene sie mit ihrem Namen anspricht, ist sie berührt. Sie spricht ihn an wie früher: „Mein Lehrer!“ Sie wendet sich ihm zu und in dieser (vielleicht nur inneren Bewegung) liegt etwas, das sie ihm die Hand reichen oder, vor ihm kniend, die Füße berühren will.

„Rühr mich nicht an!“, sagt er ihr. Die innere Berührung muss genügen. Maria soll ihren Meister nicht festhalten. Das neue Leben von Gott her lässt sich nicht einfangen.

Sie erhält einen Auftrag: Sie soll den Jüngern mitteilen, dass Jesus nun ganz zu Gott, dem Vater gehört. Sicher ist es auch hier wieder ein Weg zu einer Gemeinschaft, die Mut gemacht bekommt.

Aber das, was Maria vorher erlebt, ist so wie Ostern heuer: Distanziert, weit weg von anderen, vereinzelt, ohne sichtbare Gemeinschaft.

Was hat Maria geholfen? Dass der lebendige Jesus sie mit Namen anspricht?
Hat er das mit mir auch getan? Ja, hat er, in der Taufe hat er mich mit Namen genannt und gezeigt, dass ich sein Kind bin. Das liegt allerdings jenseits der Erinnerung. Einige Male im Leben gab es das weiterhin, da wusste ich, Er meint mich.
Und, im rechten Licht betrachtet, jeden Tag, wenn ich das Vater unser bete beim Abendgeläut, oder die Losung lese. Er meint mich.
Das überwindet nicht den Mangel, den ich empfinde. Es hilft mir, mein Leben offen zu halten für Seinen belebenden Geist.