Jesus spricht: „Und ich habe noch andere Schafe, die sind nicht aus diesem Stall; auch sie muss ich herführen, und sie werden meine Stimme hören, und es wird eine Herde und ein Hirte werden.“
An den anderen Schafen sehen wir die Liebe des Guten Hirten: Es gibt noch andere Schafe, die keinen Stallgeruch mit uns haben – und sie gehören auch dazu. Ohne sie gibt es keine Einheit.
Doch wer sind diese „anderen Schafe“? Über die Jahrhunderte haben die Ausleger gerätselt, wer damit gemeint ist, mit den anderen Schafen. Sind es die verlorenen zehn Stämme Israels, die von den Assyrern 700 Jahre vor Christus verschleppt worden sind und von denen wir keine Spuren mehr haben? Sind es Sektengruppen der damaligen Zeit, die ähnliche Worte benutzten wie das Johannesevangelium, aber ganz eigenartige Vorstellungen mit diesem Christus verbunden haben? Es bleibt rätselhaft.
Ich meine, das Evangelium redet bewusst so: Die anderen, das sind – die anderen. Das sind zum Beispiel die, die nie in den Gottesdienst kommen. Über die manche sich dann gerne ärgern, wenn sie bei Taufen oder am Heiligen Abend auftauchen und man ihnen so deutlich anmerkt, dass sie fremd sind, und dann stolpern sie durch einen Gottesdienst und fallen auf, weil sie sich so gar nicht auskennen.
Für manche sind die anderen, die immer in die Kirche laufen. Und was weiß man nicht alles über die: Die wollen sich bei Gott etwas verdienen oder ihre neue Kleidung vorzeigen oder beweisen, wie fromm sie sind.
Die anderen, das sind die anderen. Die Laxen, Laschen, die schon mit einem halben Bein aus der Kirche heraus sind. Oder vielleicht sogar schon völlig. Die meinen, man könne ohne eine Gemeinschaft an Gott glauben. Auch für die will der Gute Hirte da sein.
Oder die Treuen, die immer schon dazugehören und von denen man sich keine Erneuerung vorstellen kann. Auch sie liebt der Gute Hirte und will ihr Leben neu machen.
Oder Verblendete, die meinen, alle verdammen zu müssen, die nicht ihre Vorstellungen teilen. Auch sie sind die anderen, auch sie liebt der Gute Hirte. ER gibt sie nicht auf.
Oder welche Menschengruppen sehen wir schief an? Politiker? Manager?
Oder welche Menschen mögen wir nicht, wer macht uns das Leben schwer?
Das sind die anderen.
Und die Liebe des Guten Hirten ist so groß, dass Er auch sie liebt wie uns. Ohne sie gibt es keine Einheit, keine, wie Er sie will.