03.04.2020 – Wunder auf dem Weg

Jesus geht nach Jerusalem. Damit, was ihn dort erwartet, wird er seine Aufgabe hier auf Erden vollenden. Der Weg dorthin ist aber kein gewöhnlicher. Er ist mit Zeichen und Wundern gesäumt. Es ist ein langer Weg, den er mit den Jüngern zusammen hinter sich bringen muss -von Galiläa nach Jerusalem sind es ungefähr 150 km auf dem kürzesten Weg. Jesus bleibt aber häufig stehen, macht Umwege; Leute halten ihn auf, stellen ihm Fragen, bitten um seine Hilfe. So zum Beispiel der Wassersüchtige. Jesus heilt ihn – am Sabbat! Die Pharisäer ereifern sich darüber: schließlich darf man an einem Sabbat nicht arbeiten! Jesus stellt Ihnen eine knifflige Frage: „Was sagt das Gesetz des Mose, darf man an einem Sabbat ein Tier retten, das in den Brunnen gefallen ist?“ Die Pharisäer antworten ganz selbstbewusst: „Ja, natürlich!“ Wir kennen alle die Antwort, die Jesus gibt: „Ist dem Kranken nicht sein Leben gerettet, wenn er geheilt wird?“ Darauf können die Pharisäer nichts sagen. Ein Umdenken ist gefragt. Wie auch bei dem nächsten, den Jesus trifft: Zachäus. Auch einer, der bisher alle seine Energie und alle List dafür verwandt hat, reich zu werden. Er muss feststellen, dass dieser Reichtum ihn nicht glücklich macht, nicht erfüllt. Zachäus denkt um. Er gibt allen, die er betrogen hat, ein Vielfaches zurück. Also ist es bei diesem Weg nach Jerusalem so, dass Jesus am Leben der Menschen, die ihn treffen, etwas verändert. In dieser Passionszeit hat sich auch viel in unserem Leben verändert: nicht nur die äußerlichen Dinge, dass wir nicht alles unternehmen können, was wir gerne tun würden, sondern auch, dass wir in dieser Zeit die Chance haben, uns zu überlegen, was wirklich wichtig ist. Vielleicht begegnen wir Jesus in dieser Zeit auf eine intensivere Art und Weise, als wir sonst tun würden. Manches wird sich verändern. Manches werden wir aus dieser Zeit als Erkenntnis, als Bereicherung mitnehmen. Ich wünsche uns allen, dass wir erleben, wie Jesus uns in den kniffligen Fragen unseres Lebens einen guten Weg führt.

02.04.2020 – Wem vertrauen?

Wem vertrauen? 

Wem vertraue ich mich an?

Es gibt Menschen, denen kann ich mich anvertrauen. Wenn ich schlau bin, tue ich das auch.

Natürlich, wie die Kinder im Religionsunterricht könnte man meinen, wenn ich diese Frage stelle, wäre „Gott“ die richtige Antwort. So einfach ist es nicht.

Gott ist ja nicht „da“ wie einer, der mir gegenübersitzt. Und er antwortet nicht wie so jemand. Frustrierend genug: Oft lässt er mich meine Klagen aus der Seele leerlaufen und das war es dann… Und auch Dank und Lob ernten kein Lächeln oder Kopfnicken.

Sich Gott im Gebet anvertrauen – da kann ich mir einiges von der Seele reden.

Es klärt eigene Gedanken. Das ist ein Effekt, der recht profan klingt – und das auch sein darf.

Und wie ist das mit der Antwort aufs Gebet? Manche Geistesblitze verdienen es überprüft zu werden. Es wäre mir aber zu billig und zu kurz gedacht, sie schon als Antwort zu sehen. Nein, sie lässt oft genug auf sich warten. Geschieht eher indirekt. Irgendwann kann etwas geschehen und es ist die Antwort.

Und wenn die Antwort ausbleibt, bleibt sie aus. In der Zwischenzeit beginnt eigenes Denken. Und vielleicht auch Weiterbeten. In der Zwischenzeit finde ich vielleicht auch Menschen, denen ich mich anvertrauen kann. Wenn ich schlau bin, tue ich das auch.

31.03.2020 – Über den Kämmerer

„Er zog aber seine Straße fröhlich.“ (Apostelgeschichte 8,39)

Das ist der letzte Satz in der Bibel über den Kämmerer aus Äthiopien. Er war als Minister der Königin in Jerusalem gewesen und hatte sich dort eine Schriftrolle mit dem Buch des Propheten Jesaja gekauft. Nun las er darin, als er auf der Rückfahrt in der Kutsche saß. Gottes Geist schickte ihm den Diakon Philippus auf den Weg, der stieg zu ihm und erklärte ihm eine schwierige Stelle. Im Laufe des Gesprächs entfaltet Philippus die Botschaft von Jesus. Und der Mann aus Äthiopien will zu seiner Gemeinschaft gehören und als einen Gewässer am Wege auftaucht, bittet er darum getauft zu werden.

Jetzt gehörte er dazu. Philippus war nicht mehr da, der Kämmerer blieb allein zurück und am Schluss der Geschichte dann eben dieser Satz. „Er zog aber seine Straße fröhlich.“

Wir erfahren nicht, was aus ihm geworden ist. Bekannt ist nur: in Äthiopien gibt es seit früher Zeit Christen, und noch heute gibt es dort ein reiches kirchliches Leben.

Wir erfahren nicht was aus dem Kämmerer geworden ist. Wir erfahren noch nicht einmal seinen Namen. Wir wissen nur: er nahm seine Fröhlichkeit mit, die Freude, durch die Taufe zu diesem Glauben an Jesus dazuzugehören. Und wir können davon ausgehen, dass er diesen Glauben und seine Freude darüber weitergegeben hat. Mit großartigen Erfolgen, die über Generationen hinweg gewirkt haben.

Wir erleben uns gerade jetzt als Einzelne. Extremer als jemals zuvor. Die Orte, an denen man anderen begegnet, sind rar geworden. Wie hilft mir mein Glaube jetzt? Ist er mir Anlass zur Freude?
Wir sehen am Kämmerer aus Äthiopien, was ein einzelner bewirken kann. Natürlich haben wir im Moment weniger Begegnungen als sonst. Wer allein ist, kann Zeiten der Stille zum Gebet nutzen. Ich kann an viele Menschen, die ich zur Zeit nicht sehe, mit denen ich vielleicht auch nicht so häufig telefoniere, denken. Ich kann Ihnen vor Gott das Beste wünschen. Zum Beispiel, dass sie auch die Freude des Glaubens erfahren

In der Stille Gedanken sammeln, sie vor Gott ausbreiten und bitten, dass er das Beste daraus macht, das wird auf Dauer Segen bringen. Das glaube ich ganz gewiss. Und ich bin so gewiss, weil ich es am Kämmerer sehe, wie über Generationen hinweg sein Glaube ausgestrahlt hat. Auch unser Glaube strahlt aus, auch unsere Gebete werden wirken. Nicht sofort, vielleicht noch nicht einmal in einem Zeitraum, den ich überschauen kann

Ich wünsche mir und allen, die das lesen, dass wir auch in den jetzigen Zeiten unsere Straßen fröhlich ziehen und auf Gottes Beistand vertrauen. (Pfr. i.R. Jörg Wilkesmann)

29.03.2020 – Gedanken zum Wochenpsalm

Psalm 43
1 Schaffe mir Recht, Gott, und führe meine Sache wider das treulose Volk und errette mich von den falschen und bösen Leuten!
2 Denn du bist der Gott meiner Stärke: Warum hast du mich verstoßen? Warum muss ich so traurig gehen, wenn mein Feind mich drängt?
3 Sende dein Licht und deine Wahrheit, dass sie mich leiten und bringen zu deinem heiligen Berg und zu deiner Wohnung,
4 dass ich hineingehe zum Altar Gottes, zu dem Gott, der meine Freude und Wonne ist, und dir, Gott, auf der Harfe danke, mein Gott.
5 Was betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir? Harre auf Gott; denn ich werde ihm noch danken, dass er meines Angesichts Hilfe und mein Gott ist.

Die Bibel nach Martin Luthers Übersetzung, revidiert 2017, B) 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart. Die Verwendung des Textes erfolgt mit Genehmigung der Deutschen Bibelgesellschaft. www.die-bibel.de

Dieser Sonntag heißt Judika. Auf deutsch „schaffe Recht“. Der Anfang des 43. Psalms lautet ja: „Gott, schaffe mir Recht.“

Wie viele andere Psalmen klagt auch dieser über böse Menschen, die es schlecht mit einem meinen; gegen sie soll Gott dem Beter zum Recht verhelfen.
In diesen Zeiten haben wir weniger Kontakt zu anderen Menschen als sonst.

Über böse Leute zu klagen hat gerade weniger Anlass. Trotzdem kann sich die Frage melden: Warum hast du mich verstoßen? Wer zurzeit in Quarantäne lebt, kann sich verstoßen vorkommen. Oder wer als Alleinstehender von gewohnten Kontakten abgeschnitten ist. Oder wer seine Arbeit verloren hat oder davon bedroht ist, sie zu verlieren.
Die Zeit der Gefährdung ist noch nicht herum.

Psalmen, in denen geklagt wird, passen hierhin. Denn auch Psalm 43 macht deutlich: die Gefahr ist noch da.

Ich sehe einige Punkte, die helfen können.

  1. „Sende dein Licht und deine Wahrheit, dass sie mich leiten.“
    Ich bitte Gott um Klarheit, um Licht, das Dunkle zu durchschauen. Denn falsche Nachrichten verbreiten sich, oder ich rede mir Bedrohungen ein, die gar nicht bestehen. Da hilft mir die Bitte um Gottes Licht, mein Erkennen zu beleuchten und meine Lage nüchtern einzuschätzen. (Es geht mir gut, Strom, Wasser sind da, ich habe zu essen und kann auch einkaufen, wenn etwas fehlt.)
  2. „Was betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir?“
    Trübe Gedanke, innere Unruhe sind zuweilen einfach da. Ich möchte sie gerne zudecken, weil ich sie nicht mag.
    Der Psalm empfiehlt einen anderen Weg: Ich kann meine Betrübnis und Unruhe vor Gott ausbreiten. Meine Seele darf vor Gott sein, wie sie ist. Ungeschönt. Ich kann Ihm eh nichts vormachen.
  3. „Harre auf Gott.“
    Ich weiß zwar, dass Gott immer da ist, das gehört zu meinem Glauben. Aber wenn die Seele nicht mitkann, wenn mein Inneres Gott nicht wahrnimmt? Harre auf ihn.
    Harren ist zweierlei: die Geduld, zu warten, bis Er sich zeigt; und der Blick ringsum, dass ich Ihn entdecke. Harren ist mit Mühen verbunden, weil ich ja weiß, dass etwas Wichtiges fehlt. Es ist allemal besser als Aufgeben und Resignieren. Ich halte es daher für sehr wichtig.
  4. „Ich werde ihm noch danken, dass er meines Angesichts Hilfe und mein Gott ist.“
    Weil ich es ja glaube und weil ich hoffe, dass es anders ist, als ich wahrnehme – darum WERDE ich ihm danken. Dafür ist es jetzt noch zu früh. Noch spüre ich keinen Trost, noch ist die Gefahr nicht herum, aber ich ahne und hoffe, es wird wieder anders sein. Dann ist es Zeit zu danken, zu loben, zu jubeln.
    Und dann wird Gott ganz nah sein: mir gegenüber wie ein vertrauter Mensch, „mein“ Gott, der sich nicht von mir trennt. Und vielleicht auch verbunden mit der Erfahrung: Er war nie weit weg, ich habe ihn damals nur nicht entdecken können. Gott, zeige dich in unserem Leben, gerade jetzt. Amen. (Pfr.i.R. Jörg Wilkesmann)