12.04.2020 – Jesus kommt, trotz verschlossener Türen. Von Dietrich Bonhoeffer

„Und nach acht Tagen waren seine Jünger abermals drinnen, und Thomas war bei ihnen. Kommt Jesus, als die Türen verschlossen waren, und tritt mitten unter sie und spricht: Friede sei mit euch! Danach spricht er zu Thomas: Reiche deinen Finger her und sieh meine Hände, und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! Thomas antwortete und sprach zu ihm: Mein Herr und mein Gott!“ (Johannes 20,26-28)

Jesus kommt, trotz verschlossener Türen. An der Wunderbarkeit seiner Gegenwart konnte darum kein Zweifel sein. Er spricht den Friedensgruß, der allen, aber diesmal wohl besonders dem friedlosen Herzen des Thomas gilt. Jesus kommt um seines zweifelnden Jüngers willen. Er kennt ihn durch und durch. Das geht aus seinem ersten Wort an Thomas hervor. Jesus stillt das zweifelnde Verlangen des Jüngers, indem er ihm gewährt, was er der Maria versagte (Johannes 20,17: Spricht Jesus zu ihr: Rühre mich nicht an!). Es ist eben ein Unterschied, ob wir uns etwas nehmen wollen oder ob der Herr uns etwas gibt. Maria wird zurückgewiesen, Thomas darf hören, sehen und betasten. Unbegreifliche Herablassung des Herrn zu seinem zweifelnden Jünger, sich von ihm auf die Probe stellen zu lassen. „Werde nicht ungläubig, sondern gläubig.“ Christus wirbt um seine Jünger, noch ist die letzte Entscheidung nicht gefallen, wenn auch in bedrohlicher Nähe. Aber indem Jesus den Jünger als noch nicht gegen ihn Entschiedenen anspricht, gibt er ihm Freiheit zur Umkehr. Ob Thomas seine Hand auszustrecken gewagt hat, bleibt unausgesprochen. Es ist nicht wichtig. Wichtig ist, dass in Thomas der Osterglaube durchbricht: „Mein Herr und mein Gott.“ Das ist das ganze Osterbekenntnis. So hatte vor diesem Zweifler noch keiner gesprochen.

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Dietrich Bonhoeffer mit Schülern

(Zitiert nach: Dietrich Bonhoeffer, Illegale Theologenausbildung: Sammelvikariate 1937-1940, DBW Band 15, Seite 558)

12.04.2020 – Taggedanke Ostersonntag

„Maria Magdalena und Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome kamen zum Grab am ersten Tag der Woche, sehr früh, als die Sonne aufging. Und sie sprachen untereinander: Wer wälzt uns den Stein von des Grabes Tür? Und sie sahen hin und wurden gewahr, dass der Stein weggewälzt war.“ (Markus 16,2-4)

„Wer wälzt uns den Stein von des Grabes Tür? Und sie sahen hin und wurden gewahr, dass der Stein weggewälzt war.“ Während noch die Frage im Raum steht, ist die Antwort schon gegeben.

Augen auf, Kopf hoch! Frohe Ostern!

11.04.2020 – Taggedanke Karsamstag

„Christus hat unsere Sünden selbst hinaufgetragen an seinem Leibe auf das Holz, damit wir, den Sünden abgestorben, der Gerechtigkeit leben.“ (1. Petrus 2,24)

Der Übergang von Karfreitag zu Ostern und Pfingsten: der Tod des Einen als Leben für viele, als Auftrag: „Gerechtigkeit“.

10.04.2020 – Karfreitags-Andacht

„Die Füchse haben Gruben und die Vögel unter dem Himmel haben Nester; aber der Menschensohn hat nichts, wo er sein Haupt hinlege.“ (Lukas 9,58)

Und auch in seinem Tod ist es noch so: Joseph von Arimathäa hat ein Grab gehabt, Jesus nicht. „Und siehe, da war ein Mann mit Namen Joseph, ein Ratsherr, der war ein guter, frommer Mann…Er war aus Arimathäa, einer Stadt der Juden, und wartete auf das Reich Gottes. Der ging zu Pilatus und bat um den Leib Jesu und nahm ihn ab, wickelte ihn in ein Leinentuch und legte ihn in ein Felsengrab.“ (Lukas 23,50ff)

Kurz vor dem Sabbat ist es geschehen, Jesus konnte gerade noch notdürftig beigesetzt werden. Die meisten waren nicht da. Selbst in seinem Sterben hat er sich geringer gemacht als wir. Jetzt, in Coronazeiten, bekommen wir eine Ahnung davon, wie schwer so ein Abschied ist. Jesus war schon da. Er ist auch diesen Weg vor uns gegangen. Dann die Auferstehung. Am Karfreitag sehen wir aber noch nichts davon.

09.04.2020 – Andacht

„Lasst uns gehen, den HERRN anzuflehen und zu suchen den HERRN Zebaoth; wir wollen mit euch gehen.“ (Sacharja 8,21)

In der Zürcher Übersetzung lautet der Vers: „Lasst uns hingehen, um das Angesicht des HERRN zu besänftigen und um den HERRN der Heerscharen zu suchen! Auch ich will gehen!“

Hier können wir sehen, wie unterschiedlich ein biblischer Text übersetzt werden kann. Ich glaube nicht, dass eine betende Gemeinde Gott besänftigen kann (sofern sie das überhaupt muss). Es macht jedoch die Stimmung deutlich, in der der Prophet Sacharja die Gemeinde sieht. 

Zwei Dinge sprechen für die Zürcher Übersetzung:

Zum einen spricht hier ein Ich, kein Wir. Zur Zeit erfahre ich die Gemeinde als Summe vieler Ichs. Ein Wir im gemeinsamen Gottesdienst ist uns verwehrt. 

Das Zweite hat für mich das größte Gewicht: „auch ich!“ Ich möchte mit dabei sein. Ich will nicht nur zuschauen. Bei einem Wir kann ich versuchen, mich hinter dem Rücken der anderen zu verstecken. (Es wird mir zwar nicht gelingen, da das vor Gott nicht verborgen bleibt.) „Auch ich will gehen“: Ich gehöre dazu, es ist meine Verantwortung, die möchte ich nutzen, um mit Gott zu beten. Es sind nicht die feinen Worte, sondern die Bewegungen des Herzens, die Gott wichtig sind.

Nur Mut!